Wie Wasserstofftechnologie durch Recycling nachhaltiger wird
Wasserstoff spielt bei der Energiewende eine zentrale Rolle. Das Gas wird vor allem mithilfe von Elektrolyseuren produziert. Doch was geschieht mit den für diesen Prozess erforderlichen kritischen Rohstoffen wie Seltenen Erden oder Nickel?

Insbesondere grüner Wasserstoff gilt als zentraler Baustein der Energiewende.
Foto: PantherMedia/aa-w
Die Dekarbonisierung der Wirtschaft verlangt nicht nur nach neuen Energiequellen, sondern auch nach innovativen Lösungen, um deren Infrastruktur möglichst ressourcenschonend zu gestalten. Wasserstoff hat sich in diesem Zusammenhang als Schlüsseltechnologie etabliert. Das gilt insbesondere für grünen Wasserstoff, der mittels erneuerbarer Energien erzeugt wird. Er ist ein zentraler Baustein der deutschen und europäischen Energiewende. Doch während viel Aufmerksamkeit auf die Produktion und Nutzung des Gases gerichtet ist, stellt sich zunehmend die Frage, wie die für die Elektrolyse benötigten wertvollen Rohstoffe nach dem Lebenszyklus eines Elektrolyseurs wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt werden können.
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Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf hat nun einen entscheidenden Fortschritt auf dem Gebiet des Rohstoff-Recyclings erzielt. Die Herstellung von Wasserstoff erfolgt industriell vor allem durch Wasserelektrolyse. Dabei wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt – ein Prozess, der spezielle Katalysatoren erfordert. In Protonenaustauschmembran (PEM)-Elektrolyseuren sind dies in erster Linie Metalle der Platingruppe wie Platin, Iridium oder Palladium. Hochtemperaturelektrolyseure hingegen benötigen Nickel und Seltene Erden. Diese Materialien sind nicht nur teuer, sondern gelten aufgrund ihrer begrenzten Verfügbarkeit als kritisch. Ihre Versorgungssicherheit stellt eine Schwachstelle im System dar, insbesondere wenn die Elektrolysetechnologie, wie von der Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) geplant, in den industriellen Maßstab gehoben wird.
Wasserstoff-Elektrolyseure: So funktioniert das Recycling
Hier setzt das Projekt „Recycling – Nachhaltige Ressourcennutzung“ (ReNaRe) an, das unter dem Dach des Leitprojekts „H2Giga“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt wird. Während H2Giga auf die serielle Produktion von Wasserstoff-Elektrolyseuren zielt, erforscht das ReNaRe-Team unter Leitung der TU Bergakademie Freiberg gezielt das Recyclingkonzept für ausgediente Systeme. Denn anders als bei vielen anderen Technologien lassen sich Elektrolyseure vergleichsweise gut in ihre Einzelteile zerlegen – eine Voraussetzung, die das Materialrecycling erheblich erleichtert. Die Herausforderung dabei ist sehr hoch.
„Wir beschäftigen uns mit dem Recycling von PEM- und Hochtemperatur-Elektrolyseuren, da diese leicht demontierbar sind. Für die Rückgewinnung der Funktionsmaterialien setzen wir Feinstpartikel-Trenntechniken ein. Denn die kritischen Anoden- und Katodenmaterialien liegen als feine Partikel vor. Ihre Größe entspricht ungefähr nur dem Hundertstel eines menschlichen Haares“, beschreibt Sohyun Ahn, Doktorandin am HIF, die technischen Hürden, die es zu nehmen galt.
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Um diese hochfeinen Partikel effizient zurückzugewinnen, haben die Forschenden zwei innovative Verfahren eingesetzt: die Flüssig-Flüssig-Partikelextraktion und die Agglomerations-Flotation. Beide Methoden basieren auf physikalisch-chemischen Trennprinzipien, die zwischen hydrophilen (wasseranziehenden) und hydrophoben (wasserabweisenden) Eigenschaften unterscheiden. Die Flüssig-Flüssig-Partikelextraktion nutzt ein nachhaltiges Lösungsmittel-Wasser-System, um gezielt zwischen den verschiedenen Katalysatorpartikeln zu trennen. Dabei werden die hydrophoben Kathodenmaterialien vom hydrophilen Anodenkatalysator separiert, was eine gezielte Rückgewinnung ermöglicht. Parallel dazu wird die Agglomerations-Flotation eingesetzt, bei der die hydrophoben Partikel mithilfe eines innovativen Binders, basierend auf einer speziellen Öl-Wasser-Emulsion, zu größeren Agglomeraten zusammengefügt werden. Diese Agglomerate lassen sich dann durch Aufschäumen und Austrag mit Gasblasen von den übrigen Materialien trennen.
Bis zu 90 Prozent der Rohstoffe können recycelt werden
Das Ergebnis dieser Verfahren ist vielversprechend: In Laborversuchen konnten bis zu 90 % der eingesetzten Funktionsmaterialien erfolgreich zurückgewonnen werden – ein Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft. Entscheidend ist dabei nicht nur die Effizienz des Recyclings, sondern auch dessen Übertragbarkeit in den industriellen Maßstab. Genau daran arbeitet das Team nun: Ein technisches Prozessschema soll entwickelt werden, das nicht nur heute, sondern auch für künftige Generationen von Elektrolyseuren adaptierbar ist. Flankiert werden diese technologischen Entwicklungen von umfassenden Bewertungen der ökologischen und ökonomischen Auswirkungen. Lebenszyklusanalysen und technoökonomische Studien liefern Erkenntnisse darüber, wie sich Recyclingverfahren auf CO2-Bilanzen, Materialkosten und Ressourceneffizienz auswirken. Die Integration solcher Rückgewinnungsverfahren in die industrielle Praxis könnte nicht nur die Versorgung mit kritischen Rohstoffen absichern, sondern auch dazu beitragen, die Gesamtkosten der Wasserstoffproduktion langfristig zu senken.
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